Gedanken des Architekten zum Bau der Friedenskirche

Theo Steinhauser (1922-2014) schrieb:

"Gräfelfing bei München" ist meine Heimatgemeinde.
Dort bekam ich den Auftrag eine kleine Kirche mit 150 - 200 Sitzplätzen zu bauen.

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Zur Verfügung stand ein Grundstück direkt an der Würm, einem schnell fließenden Bach, gesäumt von schönem alten Baumbestand.
Mit der Aufgabe verbunden war der Bau eines Fußgängersteges über die Würm, um eine Ortsteilverbindung zu schaffen.

Für mich belastet war die Planung dadurch, daß Theodor Fischer in der Nachbargemeinde Planegg in den 20er-Jahren mit der Waldkirche ein spätes Meisterwerk geschaffen hat. Mit dieser Kirche verbindet sich bei mir ein sehr persönliches Erlebnis: Ich ging zum ersten mal hin, um einen Gottesdienst zu besuchen. Ich war zu spät dran, lief auf den achteckigen Bau zu, öffnete eine Türe und war voll im Angesicht der Gemeinde. Schnell schloß ich wieder, aber als ich die Kirche auf der gegenüberliegenden Seite betreten wollte, schaute ich wieder in viele Gesichter. Ich hatte vergessen, daß dort ein reiner Zentralraum ist.

Geschreckt vom eigenen Erlebnis, ist es verständlich, daß ich für Gräfelfing keinesfalls eine rein zentrale Anordnung wollte und nach einem anderen Ausdruck für die um den Tisch versammelte Gemeinde suchte. Der Ort kam mir zu Hilfe.

In meiner Vorstellung sollten Steg, Vorplatz und Kirche eine bauliche und räumliche Einheit bilden. Der Fußgängersteg über die Würm war dadurch festgelegt, daß der Weg nur an der Grundstücksgrenze geführt werden konnte. Zwischen den schönen, alten Bäumen gab es eine Stelle, wo er gerade noch Platz hatte. Im schrägen Winkel zur Würm schloß sich hier eine Geländemulde an wie eine halboffene Hand. Der Absatz war nicht hoch, es ging etwa einen Meter hinab. Dort saß ich, mit dem Blick durch die Bäume auf die Würm, und dachte mir, da ist eigentlich schön sitzen.

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In der Nachformung zum Gelände entstanden abgestufte Bankreihen, die den Altar, die Predigtstelle und die Taufe umgeben. Eine Säule im Rücken der Gemeinde trägt das zeltförmige Dach, eine Holzkonstruktion, die weit heruntergezogen ist wie ein Schutzmantel über der Gemeinde.

Zum Weg hin ist der Raum mit einer dem unregelmäßigen Grundriß folgenden Wand abgeschlossen. Hinter dem Altar aber öffnet sich der Raum unter dem tiefen Dach und gibt den Blick frei auf die Stämme der Bäume, das Grün der Wiese und das silberne Band des Wassers: ein Kirchenfenster, das von den Jahreszeiten jeweils umgestaltet wird.

Eine rückseitige Empore gliedert den Raum im hohen Teil nochmal horizontal. Von einem Südfenster in der Dachspitze fällt hohes Licht ein und gibt der Dachkonstruktion Spiel von Licht und Schatten. Es ist ein kleiner Kirchenraum entstanden, der von den Menschen gern aufgesucht wird. Die Kirche hat sich zu einer regelrechten Hochzeitskirche entwickelt. Ich nehme aber an, auch deshalb, weil man am Vorplatz der Kirche, am Steg über die Würm, so schöne Hochzeitsbilder machen kann.